Melle
Einmal die Ausbildung selbst bestimmen – diese Gelegenheit bekommen alle angehenden Ergotherapeuten während ihrer Zeit an den Ludwig Fresenius Schulen Melle. Das sogenannte Betätigungsprojekt findet jedes Jahr regen Zuspruch: Hochmotiviert erstellen die Ergotherapie-Schüler ihr eigenes individuelles Programm für drei Tage „Lernen fernab vom Lehrplan“.
Hier berichtet die Klasse selbst von ihren Erlebnissen:
Anfang Mai durften nun auch wir, die Schüler der ET 23 das jährlich stattfindende Betätigungsprojekt durchführen. Nach dem Motto „runter von der Schulbank – rein ins Leben“ fuhren wir für drei Tage in ein am Waldrand gelegenes Freizeitheim.
Das Besondere an dem Betätigungsprojekt ist, dass wir fernab vom Curriculum und Rahmenlehrplan die eigenen Programmchefs waren. So entstand nach einer intensiven Planungsphase ein Programm, das sich sehen lassen konnte. Bei den verschiedenen Workshops und Betätigungen konnte jeder seine eigenen Erfahrungen einbringen oder sich auf etwas komplett Neues einlassen.
Der Start machte ein Kurs zu Schröpftechniken. Nach einer kurzen theoretischen Phase konnten wir die zuvor erworbenen Grundlagen bereits in die Praxis umsetzen. Die gegenseitige Erprobung ermöglichte uns sowohl die Behandlungstechniken auszuprobieren, als auch die Selbsterfahrung aus der Sicht des zu behandelten Klienten zu bekommen.
In einem anderen Kurs konnten wir therapeutische Maßnahmen wie „Heiße Rolle“, verschiedene Massagetechniken und Co. hautnah erleben und ausprobieren. Durch die Anleitung unserer Dozentin lernten wir theoretische und praktische Inhalte zur Narbenbehandlung, Bindegewebsmassage, Myofasziale Triggerpunktmassage und thermischen Anwendungen kennen.
Unter Anleitung einer Mitschülerin, die selbst jahrelang Pilates-Erfahrungen gesammelt hat, wurde uns bei sonnigem Wetter die Grundlagen vom Pilates sowie die geschichtlichen Aspekte nahegelegt. Bei dem ganzheitlichen Ganzkörpertraining werden die Atmung und Bewegung in Einklang gebracht. Durch ein regelmäßiges Training kann man die lokale Muskelausdauer und Flexibilität steigern, die Atemkapazität verbessern und ein höheres Körperbewusstsein entwickeln.
Wem Pilates noch nicht ausreichte, konnte seine Sportlichkeit noch mit dem Theraband unter Beweis stellen. Was mit einigen bunten Latex-Bändern begann, hat sich zum Inbegriff für Widerstandsprodukte und Übungsprogramme zur Steigerung von Kraft, Mobilität und Flexibilität entwickelt. Das elastische Theraband kann vielseitig in Training und Therapie eingesetzt werden. Mit den Übungen kann man viele unterschiedliche Muskelgruppen und die Koordination trainieren.
Beim Workshop zu Entspannungstechniken ging es eindeutig ruhiger zu. Hier haben wir Erfahrungen zur eigenen Körperwahrnehmung, Atemtechniken sowie zum Achtsamkeitstraining sammeln können. Nach ersten Übungen zur progressiven Muskelentspannung sind wir zum autogenen Training übergegangen. Theoretischer als gedacht, startete hierbei die Kurseinheit, dennoch haben wir alle entspannter als vorher angenommen diese Einheit verlassen.
Natürlich gab es auch den „Creative Corner“. So stand ein Upcycling-Projekt der anderen Art auf dem Programm. Körbeflechten aus Peddigrohr ist passé – vielmehr haben wir eine neue Alternative ausprobiert. Die Körbe wurden nicht wie im Unterricht mit Peddigrohr, sondern kostengünstig mit Zeitungspapier hergestellt. Dazu müssen erst einmal reichlich Staken sowie Flechtfäden aufgerollt werden. Danach wird mit den Zeitungsrollen ganz normal wie mit Peddigrohr geflochten. Diese Technik benötigt kein Wasser und kommt dementsprechend auch ohne Wartezeiten aus. Die Gestaltung ist jedem selbst überlassen. Wir waren nach der Fertigstellung total überrascht, dass der Korb so stabil ist!
In einem anderen Kreativkurs haben wir uns mit dem Thema „Stricken und Häkeln“ beschäftigt. Unser Resümee: Das ist gar nicht so leicht, wie es aussieht. Wir haben trotz mehrerer Knoten in den Fingern, einigen Misserfolgen und vielen Versuchen den Kampf gegen die Maschen gewonnen. Es sind noch keine fertigen Socken aber erste Erfolge entstanden.
Wer seine Fingerfertigkeiten anders schulen wollte, konnte dieses bei einem Gitarrencrashkurs tun. In der doch recht kurzen Zeit haben wir gelernt, wie und warum man eine Gitarre selbstständig mit und ohne Hilfe stimmt. Danach spielten wir auch schon die ersten paar Griffe in Folge. Es hatte sich sogar das Gefühl eingestellt „He! Das klingt ja schon richtig gut!“
Den Schlusspunkt bildete das Projekt „Fotografie im Grünen“. Wir haben gelernt, wie man mit einer Kamera bei verschiedenen Perspektiven, Einstellungen und Lichteinfällen gelungene Fotos aufnimmt.
Dafür haben wir bei gutem Wetter die Waldkulisse neben unserer Unterkunft vor die Linse genommen und so manches Foto kann sich durchaus sehen lassen.
Da so viel Action auch hungrig macht, blieb es nicht aus, dass wir unsere Gruppe auch versorgen mussten. So wurde das Notwendige mit dem Nützlichen verknüpft und verschiedene Tätigkeiten im ADL-Bereich (Activities of daily living) durchgeführt. Diese dienten dazu, die Anleiterrolle zu üben und neue Betätigungen auszuprobieren und zu erlernen.
In Kleingruppen wurden vielfältige Leckereien erstellt: Von Torten und Törtchen über Lasagne, Suppen und Salate bis hin zu selbstgemachten Broten war für jeden etwas dabei. Allgemein hat das Zubereiten super geklappt und wir sind mit unserer selbständigen Essenszubereitung sehr zufrieden. Am letzten Abend wurde gemeinsam gegrillt.
Wem das nach zu viel Action und Stress klingt, dem können wir sagen, dass zwischen und nach den geplanten Betätigungen und dem gemeinsamen Essen genügend Zeit für spontane Freizeitaktivitäten blieb. Ob eher sportliche Erfolge beim Wikingerschach, illustres Erkunden neuer Gesellschaftsspiele, geselliges Zusammensein am Feuer oder in der Natur – es setzte sich ein ganzheitliches, personenzentriertes Angebot für jeden zusammen!