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„Im Grunde zählt der Forschergeist“: Schulleiterin Dr. Reifenrath-Biesel über die BTA-Ausbildung

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Zieh dir deinen Laborkittel an und los geht’s zu einem Streifzug durch die BTA-Ausbildung! Schulleiterin Dr. Reifenrath-Biesel steht uns im Interview Frage und Antwort zu diesem spannenden Laborberuf.

„BTA“, was ist das eigentlich? Die Abkürzung steht für Biologisch-technische Assistenz. Der Ausbildungsberuf gehört zu den Laborberufen und zeichnet sich durch seine Vielfältigkeit aus. Was BTA machen, wo sie arbeiten, wie die Ausbildung läuft und ob man gut in Naturwissenschaften sein muss – das alles und mehr beantwortet uns im Interview eine echte Expertin: Dr. Barbara Reifenrath-Biesel. Sie bildet an den Ludwig Fresenius Schulen Koblenz schon seit 18 Jahren BTA aus und leitet dort seit 2015 den Fachbereich.

Frau Dr. Reifenrath-Biesel, was machen BTA und womit beschäftigen sie sich?

Der BTA-Beruf ist sehr vielfältig. Kernaufgabe von Biologisch-technischen Assistenten ist aber immer die Laborarbeit. Für das tägliche Doing bedeutet das:

  • Lösungen im Labor ansetzen
  • Bestand von Chemikalien und Verbrauchsmaterialien prüfen
  • Untersuchungen planen und durchführen
  • Gute Laborpraxis (GLP) und Laborsicherheit einhalten und sicherstellen
  • Bakterien und Zellen unter den jeweiligen Bedingungen züchten
  • molekularbiologische Untersuchungen durchführen, wie z. B. Polymerase-Kettenreaktion (PCR), die besonders während der Coronapandemie verstärkt zum Einsatz kam
  • Probenmaterial wie Bodenproben, Wasserproben und Lebensmittelproben isolieren
  • Spurenmaterial wie Blut, Haare und Haut sichern
    ... und vieles mehr!

Bei all dem spielt nicht nur die Technik der Laborgeräte, sondern auch die Datenverarbeitung und Nutzung von Datenbanken eine Rolle. Ganz besonders wichtig ist das Protokollieren der Experimente, Tests und Ergebnisse.

Im praktischen Unterricht: Eine Schülerin mikroskopiert und protokolliert die Ergebnisse.

Wie verläuft die BTA-Ausbildung und welche Unterrichtsfächer erwarten mich?

Die BTA-Ausbildung ist eine schulische Ausbildung mit großem Praxisanteil, nicht nur in den schuleigenen Laboren, sondern auch im Rahmen von mehreren externen Praktika bei potenziellen zukünftigen Arbeitgebern. Die Ausbildung dauert in der Regel zwei Jahre, je nach Bundesland kann das unterschiedlich ausfallen. Parallel dazu kann man die Fachhochschulreife erwerben.

Genauso vielfältig wie die zukünftigen Aufgabengebiete sind dabei auch die Unterrichtsfächer. Sie reichen von EDV über chemische und physikalische Untersuchungsmethoden bis hin zu Mikrobiologie, Molekularbiologie und Biochemie, um nur einige zu nennen.

Am Ende der Ausbildung hat man alle grundlegenden Labormethoden kennengelernt. Aber natürlich werden dabei auch naturwissenschaftliche Zusammenhänge in der Theorie vermittelt, um neue Fragestellungen kreativ zu bearbeiten.

Naturwissenschaften können ganz schön theoretisch und kompliziert sein, wie schaffen Sie es, dass Ihre Schüler im Unterricht mitkommen und Spaß an der Ausbildung haben?

Die meisten Schüler haben noch nie in einem Labor gestanden, wenn sie die Ausbildung bei uns beginnen. Daher erarbeiten wir die Themenfelder zunächst theoretisch, bevor wir sie anschließend im Rahmen eines Laborversuchs in die Tat umsetzen. Lernen ist außerdem individuell, darum geben wir jedem den nötigen Raum und die Unterstützung, um den Stoff im eigenen Tempo einzuüben.

Im zweiten Jahr sind die Schüler dann in der Lage, Laboranweisungen rasch umzusetzen, weil das grundlegende Handling bereits geübt wurde. Durch den hohen Praxisanteil bleibt so das Wenigste rein theoretisch, manches wird sehr schnell dadurch verständlich, dass man es mit eigenen Augen sieht. Wie eine Zelle aufgebaut ist, kann man sich etwa besser merken, wenn man sie selbst gefärbt, im Mikroskop angeschaut und ausgemessen hat.

Was macht die BTA-Ausbildung an den Ludwig Fresenius Schulen so besonders?

Die BTA-Ausbildung an den Ludwig Fresenius Schulen zeichnet sich dadurch aus, dass wir den einzelnen Menschen im Blick haben. Die Atmosphäre ist sehr familiär – wir kennen die Schüler schnell sehr gut und sie uns. Dadurch ist die Hemmschwelle meist gering, bei Problemen auf uns Lehrer zuzugehen. Wir versuchen dann individuelle Lösungen zu finden. Wir erhalten die Rückmeldung, dass die Schüler sich bei uns gut aufgehoben fühlen und das trägt eben auch zum Gelingen der Ausbildung bei.

An unserer BTA-Schule in Koblenz gibt es außerdem ein Mentorenprogramm, bei dem jedem Schüler ein Mentor aus dem Lehrerteam zugeteilt wird, der Ansprechpartner bei Fragen und Problemen ist. Aber auf Wunsch finden sich Patenschaften in den Oberkursen, die helfen und unterstützen. Natürlich haben auch die Klassenleiter und Vertrauenslehrer immer ein offenes Ohr.

Ran an die Praxis: Im Labor führen die angehenden Biologisch-technischen Assistenten Versuche und Untersuchungen durch.

Welche Voraussetzungen muss ich für die BTA-Ausbildung mitbringen? Muss ich gute Noten in Bio und Chemie haben?

Wichtig sind für uns weniger die Noten des letzten Zeugnisses als ein grundlegendes Interesse an Naturwissenschaften. Bin ich neugierig auf Zusammenhänge in der Natur? Bin ich geduldig? Kann ich sorgfältig arbeiten? Im Grunde zählt der Forschergeist, denn wenn ich etwas herausfinden möchte und neugierig auf das Ergebnis bin, funktioniert das Drumherum auch. Arbeite ich beispielsweise ungenau, werde ich die Antwort auf meine Fragestellung nur unbefriedigend oder gar nicht erhalten.

Welche Hintergründe haben die Menschen, die sich für die Ausbildung entscheiden? Wer sitzt so in Ihren Klassen?

Unsere Klassen sind bunt gemischt: Da sind zum Beispiel Abiturienten, die sich für die BTA-Ausbildung entschieden haben, Realschüler, die nach der zehnten Klasse zu uns kommen, Menschen, die schon einmal eine Ausbildung gemacht oder begonnen haben und nun etwas Neues suchen und solche, die aus anderen Ländern zu uns kommen und hier mit der Ausbildung einen Neuanfang wagen möchten.

Welche Vorteile hat die BTA-Ausbildung gegenüber anderen naturwissenschaftlichen Assistenzberufen wie CTA und MTA?

Die BTA-Ausbildung ist sehr breit gefächert. Wir haben auch Absolventen, die im chemischen oder medizinischen Bereich arbeiten. Außerdem ist gerade die Biotechnologie ein boomender Markt, man denke nur an die Coronapandemie, wo plötzlich ganz neue Impfstoffe auf den Markt kamen. Oder die Lebensmittelindustrie, in der Ersatzprodukte für tierische Nahrungsmittel in der vegetarischen oder veganen Ernährung hergestellt werden. Aber auch die zunehmenden Herausforderungen durch den Klimawandel und die Umweltprobleme sorgen dafür, dass die Untersuchungen und das Verständnis der ökologischen Zusammenhänge immer wichtiger werden. BTA sind echte Allrounder im Labor, die mit ihrem Wissen und ihren Kompetenzen in vielen Bereichen gefragt sind.

Einige können sich vielleicht nicht zwischen einer BTA-Ausbildung und einem naturwissenschaftlichen Studium entscheiden. Was spricht aus Ihrer Sicht für die BTA-Ausbildung?

Die BTA-Ausbildung bietet eine sehr gute Orientierung. Ich lerne alle Fachbereiche kennen und kann mich anschließend besser für einen Studiengang entscheiden. In Deutschland gibt es sehr, sehr viele verschiedene Studiengänge mit dem Wort „Bio“ im Titel. Da kann die Wahl schon einmal schwerfallen.

Einzelne Module der Ausbildung werden später an den Hochschulen und Universitäten anerkannt, sodass keine Zeit „verloren“ geht. Gleichzeitig hat man eine abgeschlossene Berufsausbildung und kann im Studium etwa schon als BTA in einem Institut tätig werden. In der akademischen Laufbahn arbeitet man früher oder später nicht mehr selbst im Labor, sondern vor allem theoretisch. Wer die praktische Arbeit vorzieht, für den ist die Ausbildung die bessere Wahl.

Wie stehen die Chancen für BTA auf dem Arbeitsmarkt? Was sind mögliche Arbeitgeber und Beschäftigungsfelder?

Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind sehr gut! Viele BTA arbeiten in der Forschung in großen Forschungseinrichtungen oder Universitätsinstituten der biologischen, medizinischen, landwirtschaftlichen, lebensmitteltechnologischen oder pharmazeutischen Fachrichtungen. Mögliche Arbeitgeber sind:

  • tiermedizinische und medizinische Diagnostiklabore: Man untersucht etwa, welcher Virus oder welches Bakterium für eine Krankheit verantwortlich ist, ob dieses Bakterium gegen bestimmte Antibiotika resistent ist oder stellt Gewebeschnitte her, färbt sie und erfährt so etwas über den Gesundheitszustand des Gewebes. Die letztendliche Diagnose stellt dann aufgrund der Untersuchungen ein Mediziner oder Tiermediziner.
  • Kriminalämter: Hier kommen BTA bei der Verbrecherjagd zum Einsatz, wenn es um den genetischen Fingerabdruck geht.
  • Unternehmen: Alle Unternehmen, die ein Produkt herstellen, das im oder am Menschen Anwendung findet, müssen ihr Produkt auf Verunreinigungen durch Mikroorganismen oder Schadstoffe oder einfach auf die Zusammensetzung prüfen. Diese Arbeit übernehmen BTA in der Qualitätssicherung. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich bei dem Produkt um Mineralwasser, Joghurt, eine Hautcreme oder ein Medikament handelt.
  • Forschungseinrichtungen: BTA arbeiten an der Forschung und Entwicklung von Impfstoffen, Medikamenten oder Diagnosetests mit.
  • Umweltanalyselabore: Hier prüfen BTA Proben auf Schad- und Gefahrstoffe.

Was würden Sie jemandem raten, der sich noch nicht sicher ist, ob die BTA-Ausbildung das richtige für ihn ist?

Zum einen kann man sich im Internet informieren, z. B. auf der Website der Ludwig Fresenius Schulen, beim Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland (VBio), auch auf YouTube finden sich einige Filme zum Thema BTA-Ausbildung.

Am besten nimmt man jedoch Kontakt mit uns auf und kommt zum Schnuppertag in unsere BTA-Schule. Hier kann man uns und die Räumlichkeiten kennenlernen und mit den Schülern ins Gespräch kommen. Die können die Ausbildung sehr gut beschreiben und erzählen, wie es bei uns so ist. Weitere Möglichkeiten uns kennenzulernen bieten unsere regelmäßigen Infoveranstaltungen und unser Tag der offenen Schule.

Vielen Dank für diese spannenden Einblicke in den Beruf und die Ausbildung von Biologisch-technischen Assistenten!

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